Die ersten Monate
In den ersten drei Lebensmonaten verschwendete Lea sämtliche Energien auf das Schreien, Essen und Schlafen - ziemlich genau in dieser Reihenfolge. Doch mit Beginn des vierten Monats lernte sie das Lachen, die Ausgeglichenheit, das Fröhlichsein. Bis heute, und das trotz aller Rückschläge, die sie bisher hinnehmen musste.
Lea ist geistig behindert und Epileptikerin. Mit acht Monaten zeichnete sich zum ersten Mal ab, dass etwas nicht "so ganz in Ordnung" sei, wie es ein Mediziner seinerzeit ausdrückte - verzögertes Krabbeln, kein freiständiges Sitzen. Da trotz Krankengymnastik keine Besserung eintrat, geriet Lea unwillkürlich in die Mühlen der Medizin. Besuche diverser Spezialisten, Therapeuten und alternativer Behandlungsmethoden folgten in den kommenden Jahren.
Mit drei Jahren kam der erste epileptische Anfall hinzu, mit Vier eine weitere, seltene Form von Anfallsleiden, das Lennox-Gastaut-Syndrom. Medikamentöse Behandlungen gehören seither zur Tagesordnung. Mit ihren 10 Jahren hat sie sich mit Krampfanfällen gequält und mehr Blessuren zugezogen, als mancher Mensch sie je erleben wird. Aber dennoch hat sie das Lachen nicht verlernt. Schlapp machen gilt nicht.
Ihre Augen
Es sind ihre Augen, die strahlen und das fröhliche Gequieke,
mit der sie jede schlechte Laune der weiteren Familienmitglieder schon in den frühen Morgenstunden austreibt. Es ist wie ein Hebel, der umgelegt wird, wenn sich Ralf, Lydia, David (15) und Marian (6) im Bad leicht anmuffeln und Lea den Raum betritt. Mit Zauselhaar, leiser fröhlicher Stimme und ständigem Lächeln, blühen alle anderen auf. Für den Ältesten erscheint die bevorstehende Lateinarbeit nicht mehr wie ein unüberwindbarer Berg, sondern wie eine seichte Hügellandschaft, und der Jüngste liegt nicht mehr völlig erlahmt zu Boden und versucht seine Eltern zu überreden, ihn anzukleiden.
"Lea ist wach" - der Tag kann nur gut werden. Das Gefühl legt sich wie ein warmer Mantel um uns. Weiche Haut und Kitzelhaar schmiegen sich an meinen Körper und mit der anderen wird mir sanft eine neue Windel an den Kopf geworfen. Zeit sich anzukleiden. Ist der morgendliche Waschvorgang beendet, widmet sie sich mit Vorliebe ihrem Lieblingszeitvertreib zu - dem Essen. Für andere ist es lediglich das Befriedigen eines Bedürfnisses. Für Lea ist es Passion.
Fisch an Buttersoße
Auch wenn man es ihr nicht ansieht, mit ihren 120 cm und zwanzig Kilo Gewicht, die Mahlzeiten werden ausgiebigst genossen. Befanden sich die Quarktöpfchen im Viererpack eben noch im Kühlschrank, versteht sie es, diese mit Genuss und stoischer Ruhe auf Null zu dezimieren. Überhaupt scheinen Kühlschränke und auch Kühltheken in Lebensmittelgeschäften eine magische Anziehungskraft auf Lea auszuüben. Kennt sie sich in einem Laden nicht aus, hat sie eine treffsichere Ortungsmethode entwickelt, die Kühlregale, mit ihren Schätzen an Joghurtprodukten in einem derart kurzen Zeitraum aufzuspüren, der einen Rennfahrer in der Pool Position beim Start erblassen lassen würde. Oft genug schon sahen wir bestrumpfte Beine aus den Kühltheken baumeln und zogen das Kind heraus, um möglichen Erfrierungen vorzubeugen. Diese werden jedoch nie ohne „Beute“ verlassen.
Ähnlich verhält es sich bei Fisch. Matjes, Kieler Sprotten, Butterfisch und was Seen und Meere sonst noch an Culinaria offenbaren... vor Lea ist nichts sicher, was sich im Wasser fortbewegen kann. Selbst bei Aquarienbesuchen, drängt sich dem Beobachter der Gedanke auf, dass Lea sich die Fische nur so eingehend beschaut, um sie sich an Buttersoße und Kräutern vorzustellen.
Und wieder die Augen - Epilepsie
Es sind die Augen, die sie verraten. Matt und glanzlos blickt Lea. Von Sehen kann keine Rede sein. Das sind Zeiten, in denen sie von Anfällen geschwächt, das Bett oder ihren Buggy hütet; hüten muss. Es bleibt ihr keine andere Wahl. Es ist nicht die Art der epileptischen Anfälle, wie man sie landläufig sieht - krampfend am Boden, Schaum vor dem Mund, unkontrolliertes Zucken. Ein epileptischer Anfall, wie aus dem Fachbuch für den Laien, ein Grand Mal für den neurologischen Facharzt. Diese Art der Anfälle sind bei Lea selten. Den letzten hatte sie vor zwei Jahren.
Es sind die „Kleinen“. Die, die man als solche kaum erkennt. Ein kurzes Wackeln mit dem Kopf, die Lider schließen und öffnen sich unkontrolliert, die Zunge schlaff auf der Unterlippe und wenn sie sitzt kippt sie zur Seite. Wenn sie steht, knickt sie im Hüftbereich zusammen und fällt – kein Stützreflex vorhanden. Die Folge sind oft schwere Stürze. Das sind die Anfälle, die Lea zu schaffen machen. Das Lennox-Gastaut-Syndrom. Die sogenannten astatischen Anfällen.
Und sie machen uns auch zu schaffen. Zu sehen, wie das Leben an Lea vorbeigeht. Dabei liebt es so sehr. Es sind nicht drei oder vier am Tag, auch nicht hundert, es sind „über tausend, man kann sie nicht immer sehen“, so ein Arzt in Bielefeld-Bethel. Medikamentös ist ihnen kaum beizukommen. Lea kann dann nicht laufen. Selbst das Sitzen fällt schwer. Wir tragen sie oder schieben sie in ihrem Buggy durch die Wohnung, um sie am Alltag teilhaben zu lassen. So wie sonst auch.
Doch während ich sie füttere, ist es das unerträgliche Gefühl der Hilflosigkeit, das uns Lebensenergie absaugt. Der Magen zieht sich zusammen und die Wangen fallen ein. Selbst der Arm, der den Löffel hält, um Lea zu versorgen, wird mir zu schwer. Keine Kraft mehr, gelänge es diesem ungewöhnlichen Kind nicht, selbst in seinen schlimmsten Zeiten, für kurze Momente zu lächeln und uns mit Handauflegen zu trösten. Dabei ist sie doch eigentlich die Leidtragende. Oder? Diese Frage habe ich mir schon oft gestellt.
Leas Kiste - ihre Bilder
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